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Eine Lieferung oder mehrere? Das Oberste Verwaltungsgericht steht an der Seite der Mehrwertsteuerpflichtigen.

2018-10-25

Umladungen in den europäischen Logistikzentren sollten kein Problem mehr für die MwSt-Steuerpflichtigen sein.

Der Fall betraf eine Gesellschaft, die im Rahmen ihrer Gewerbetätigkeiten Lieferungen u.a. für einen Kontrahenten in Großbritannien realisiert. Die Gesellschaft verpflichtete sich gegenüber dem Abnehmer das vereinbarte Niveau an Bevorratung eines in Belgien befindlichen und durch eine lokale Logistikgesellschaft bedienten Lagers (Logistikzentrums) einzuhalten. Waren befinden sich im Logistikzentrum nicht länger als 3 Monate lang und werden auf keine Weise verarbeitet. Möglich ist einzig ihr Bekleben, Etikettieren oder Verpacken. Die polnische Gesellschaft organisiert und realisiert den Warentransport nach Belgien, sie deckt auch die Lagerungskosten. Die belgische Gesellschaft händigt die Ware dem Abnehmer aus Großbritannien auf Grundlage von Daten aus dem elektronischen System aus, mit dessen Hilfe der Abnehmer die Absicht mitteilt vom Lager eine bestimmte Warenmenge zu beziehen. Zugriff auf das System wird auch der polnischen Gesellschaft sichergestellt. An demselben Tag organisiert der britische Kontrahent einen Transport aus Belgien nach Großbritannien, und anschließend belastet er mit seinen Kosten die polnische Gesellschaft, die wiederum eine Rechnung für die, an den Abnehmer aus Großbritannien veräußerte Ware ausstellt.

Die Gesellschaft erhielt auch den Bescheid der belgischen Steuerbehörde, aus dem ersichtlich ist, dass im Zusammenhang mit einer auf diese Weise stattfindenden Lieferung keine Pflicht zur Eintragung als Mehrwertsteuerpflichtiger in Belgien besteht.

Unter diesen Umständen stellte die Gesellschaft die Frage, ob diese Transaktion eine innergemeinschaftliche Warenlieferung für den britischen Kontrahenten darstellt, und folglich – ob sie den Steuersatz von 0% in Anspruch nehmen kann. In der erlassen individuellen Auslegung stellte die Steuerbehörde fest, dass diese Art von Transaktionen nicht als eine innergemeinschaftliche Warenlieferung betrachten werden können, da sie aus zwei unabhängigen Transaktion bestehen: interne Verbringung von eigenen Waren aus Polen nach Belgien (was unter den präsentierten Umständen mit dem inländischen Steuersatz zu besteuern war), und anschließend Verbringung der Waren aus Belgien nach Großbritannien, was nach Auffassung der Behörde auf Grundlage der belgischen Vorschriften besteuert ist. Diesen Standpunkt teilte auch das Woiwodschaftsverwaltungsgericht.

Anderer Meinung war jedoch das Oberste Verwaltungsgericht. Nach Auffassung des OVG, die Tatsache selbst, dass die Lieferung einen untypischen, zeitlich verlängerten Ablauf hat, bedeutet nicht, dass ihr der Status einer innergemeinschaftlichen Lieferung entzogen wird. Das OVG machte aufmerksam, dass bereits zum Zeitpunkt der Verbringung der Ware aus Polen sein Abnehmer in Großbritannien konkretisiert ist. Eine so zusammengestellte Transaktion stellt nämlich eine und organisierte Gesamtheit, und ihre Teilung für Steuerzwecke hätte einen künstlichen Charakter.

Bei dieser Art von Transaktionen erlangt der Erwerber das Recht über die Ware wie der Eigentümer (in wirtschaftlicher Bedeutung) zum Zeitpunkt der Verbringung der Ware ins Lager zu verfügen, und folglich, wird die Auslegung der Behörden in den früheren Verfahrensetappen einfach zu einem übertriebenen Formalismus. Die, die Auslegung erlassende Behörde und das Woiwodschaftsverwaltungsgericht haben überdies aus unbegründeten Gründen den Bescheid der belgischen Verwaltung, betreffend der fehlenden Pflicht zur Eintragung für MwSt-Zwecke in Belgien außer Acht gelassen. Nach Auffassung des OVG stellt dieser Bescheid den Ausdruck einer Zustimmung zur Anwendung von Vereinfachungen dar, welche die beschriebene Lieferung als eine einzige innergemeinschaftliche Warenlieferung aus Polen nach Großbritannien zu betrachten erlauben.

Eine auf diese Weise geplante Transaktion stellt in wirtschaftlicher Hinsicht eine organisierte Gesamtheit dar. Dabei wird die moderne Form einer Warenlieferung durch Vermittlung von Logistikzentren angewendet. Das Urteil vom OVG stellt einen Ausdruck vom tiefen Verständnis für Vereinfachungen in der MwSt-Abrechnung dar, die eine Entwicklung des wirtschaftlichen Lebens berücksichtigen und eine breite Zustimmung verdienen.

 

Wojciech Jasiński, Steuerkonsultant, ATA Tax Sp. z o.o.

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