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Differenzbesteuerung auch für den Verkauf von Ersatzteilen aus, aus dem Verkehr zurückgezogenen Altfahrzeugen

2017-01-26

Nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union können, aus verschrotteten Fahrzeugen demontierte Ersatzteile der Definition des Begriffes ,„Gebrauchtgegenstände” entsprechen, und somit fallen Lieferungen von solchen Teilen in den Anwendungsbereich der sog. umsatzsteuerlichen Differenzbesteuerung. Das ergibt sich aus dem Urteil vom 18. Januar 2017 in dem Fall C-471/15 Sjelle Autogenbrug I/S gegen Skatteministeriet.

Der Fall betraf ein Unternehmen das sich mit dem Recycling von Kraftfahrzeugen befasst, dessen Haupttätigkeit im Handel mit gebrauchten Autoteilen aus Altfahrzeugen besteht, die unter anderen von Privatpersonen gekauft wurden. Die strittige Frage war, ob aus solchen Altfahrzeugen entnommene Teile, um diese als Ersatzteile weiterzuverkaufen als "Gebrauchtgegenstände" im Sinne von Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112 angesehen werden können.

Nach Maßgabe der genannten Vorschrift, ,„Gebrauchsgegenstände” sind „bewegliche körperliche Gegenstände, die in ihrem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung erneut verwendbar sind” (eine vergleichbare Definition finden wir in Art. 120 Abs. 1 Nr. 4 des Umsatzsteuergesetzes). Der EuGH bestimmte, dass aus den Vorschriften der Richtlinie nicht folgt, dass der dort verwendete Begriff Gebrauchsgegenstände bewegliche körperliche Gegenstände, die in ihrem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung erneut verwendbar sind, ausschließt, wenn sie von einem anderen Gegenstand stammen, dessen Bestandteile sie waren. Dass ein gebrauchter Gegenstand, der Bestandteil eines anderen Gegenstands ist, von diesem getrennt wird, stellt nämlich die Einstufung des entnommenen Gegenstands als "Gebrauchtgegenstands" nicht infrage, sofern er "in seinem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung" erneut verwendbar ist. Überdies für die Einordnung als "Gebrauchsgegenstand" ist nur erforderlich, dass dem gebrauchten Gegenstand unverändert die Funktionen zukommen, die er im Neuzustand hatte, und dass er daher in seinem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung erneut verwendbar ist. Dies ist bei Autoteilen, die aus einem Altfahrzeugen entnommen wurden, der Fall, weil ihnen, auch wenn sie von diesem Fahrzeug getrennt werden, unverändert die Funktionen zukommen, die sie im Neuzustand hätten, und sie somit zu denselben Zwecken erneut verwendbar sind. Wesentlich ist hier auch die Tatsache, dass ein Kraftfahrzeug grundsätzlich aus einzelnen Teilen besteht, die zusammengefügt wurden und die wieder voneinander getrennt und in ihrem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung wiederverkauft werden können.

Demnach, bei Anerkennung dass Teile, die aus Altfahrzeugen stammen, als „Gebrauchtgegenstände“ betrachtet werden, unterliegt ihr Verkauf durch steuerpflichtige Wiederverkäufer der Differenzbesteuerung nach Art. 313 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112. Diese Regelung besteht in der Besteuerung nicht des gesamten aus dem Verkauf zustehenden Betrages, sondern nur einer Handelsspanne als Differenz zwischen dem geforderten Verkaufspreis und dem Einkaufspreis des Gegenstands.

Aus den bisherigen individuellen Auslegungen, wie auch Gerichtsurteilen ergab es sich, dass zur Anwendung der Regelung der Differenzbesteuerung der Erwerbspreis der veräußerten Ware bekannt sein muss. Es muss somit eine individualisierte Ware sein, weil man nur einer solchen Ware einen realen Erwerbspreis zuschreiben kann. Eine solche Auslegung der Vorschriften hat die Anwendung der Differenzbesteuerung zum Beispiel für den Verkauf von Ersatzteilen ausgeschlossen, die aus einem Altfahrzeug entnommen wurden – es ist doch der Erwerbspreis von einem solchen Fahrzeug als Ganzes bekannt, und nicht seiner einzelnen Elemente (sehe: Urteil des Obersten Verwaltungsgerichtes vom 28. März 2012, Aktenzeichen I FSK 839/11, Urteil vom Woiwodschaftsverwaltungsgericht in Bydgoszcz vom 22. Februar 2011, Aktenzeichen I SA/Bd 1036/10, oder auch die neuesten Auslegungen vom Direktor der Finanzkammer in Katowice: vom 8. August 2016, Aktenzeichen IBPP2/4512-304/16-1/IK, und vom 26. Januar 2016, Aktenzeichen IBPP2/4512-916/15/AB). Zu einem anderen Schluss ist der EuGH gekommen - im Urteil führte man nämlich an, dass etwaige praktische Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Anwendung der Differenzbesteuerung es nicht rechtfertigen können, bestimmte Gruppen steuerpflichtiger Wiederverkäufer von dieser Regelung auszunehmen, weil weder Art. 313, noch irgendeine andere Bestimmung der Richtlinie 2006/112 die Möglichkeit eines solchen Ausschlusses vorsieht.

Das Urteil vom EuGH sollte somit den bisherigen, restriktiven Standpunkt der polnischen Steuerbehörden, wie auch Gerichte im Bereich der Anwendung der Differenzbesteuerung für den Verkauf von, aus Kraftfahrzeugen demontierten (entnommenen) Teilen beeinflussen.