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Fiskus wird die Steueroptimierung nicht anfechten, wenn diese keinen Scheincharakter aufweist – Präzedenzurteil des Hauptverwaltungsgerichts

2016-02-29

Am 15. Januar 2016 hat das Hauptverwaltungsgericht ein Urteil über die Möglichkeit der Anfechtung von  Rechtsgeschäften durch die Steuerbehörden erteilt, die de facto der Steueroptimierung dienen (Az. II FSK 3162/13). Das Hauptverwaltungsgericht hat darauf hingewiesen, dass Art. 199a § 2 der Abgabenordnung nur dann gilt, wenn das Scheingeschäft im Rechtsverkehr festgestellt wurde, und nicht wenn das Rechtsgeschäft den beabsichtigten steuerlichen Vorteil in Folge der angewendeten Steueroptimierungsmethode  zum Ziel hat  jedoch keinen Scheincharakter hat.

Sachverhalt

Der Rechtsstreit betraf eine Gesellschaft, der die Steuerbehörden vorgeworfen haben, dass die als Sacheinlage eingebrachten Eigentumsrechte am Vermögen der Gesellschaft in Wirklichkeit die Veräußerung von Erbnießbrauch an Grundstücken zusammen mit Rechten an den sich dort befindlichen Gebäuden und Bauten, sowie dem Recht an der Internet-Domain, sei. Nach Auffassung des Fiskus, wenn das Rechtsgeschäft von der Parteien getätigt wird, um ein anderes Rechtsgeschäft, das ernsthaft gewollte Geschäft, zu verdecken, dann ist das beabsichtigte Geschäft rechtswirksam, und die Steuerbehörden können gemäß Art. 191 AO selbst den Charakter der vom Steuerpflichtigen getätigten Rechtsgeschäfte und deren steuerliche Auswirkungen beurteilen. Die Steuerbehörde fand keine rationale Begründung für die von der Gesellschaft getätigten Rechtsgeschäfte, außer dem Versuch der Verdeckung der tatsächlichen Veräußerung der Rechte an den Immobilien, was dann beim Verkäufer das zu versteuernde Einkommen zur Folge hat. Dieser Auffassung folgte auch das Woiwodschaftsverwaltungsgericht Danzig und wies darauf hin, dass die Regelung des Art. 199a § 2 AO, die steuerlichen Auswirkungen aus den verdeckten Rechtsgeschäften abzuleiten, anordnet.

Standpunkt des Hauptverwaltungsgerichts

Zu anderen Schlussfolgerungen als das Woiwodschaftsverwaltungsgericht Danzig kam jedoch das Hauptverwaltungsgericht. Es stellte fest, dass im vorliegenden Rechtsstreit zu einer Reihe von Rechtsgeschäften kam, die zusammen ein „Mechanismus der Steueroptimierung bilden, der mit einem Transaktionsschema verbunden ist, dessen Durchführung grundsätzlich keine wirtschaftlichen, sondern nur steuerliche Gründe hat“. Es bleibt zu entscheiden, ob die geltenden Rechtsvorschriften – also Art. 199a § 1 und 2 AO – den Steuerbehörden die Befugnis geben, solchen Geschäften entgegenzuwirken. Art. 199a § 1 AO bestimmt, dass die Steuerbehörde bei der Inhaltsbestimmung des Rechtsgeschäfts die gemeinsame Absicht der Parteien und den Zweck des Geschäfts, und nicht nur den genauen Wortlaut der Willenserklärung der Parteien berücksichtigt. Jedoch gemäß Art. 199a § 2, wenn ein zum Schein abgeschlossenes Rechtsgeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, dann werden die steuerlichen Auswirkungen aus dem verdeckten Rechtsgeschäft abgeleitet. Nach Auffassung des Hauptverwaltungsgerichts gilt das Gesetz nur dann, wenn das Scheingeschäft im Rechtsverkehr festgestellt wurde, und nicht wenn ein Geschäft getätigt wurde, um beabsichtigte steuerliche Auswirkung zu erzielen, und keinen Scheincharakter hat. Nach Art. 199a § 2 AO spricht man von einem Scheingeschäft, wenn die Parteien ein Rechtsgeschäft zum Schein abschließen (simuliertes Geschäft), um ein anderes Rechtsgeschäft (dissimuliertes Geschäft) zu verdecken, dessen Rechtsfolgen sie herbeiführen wollen. Wichtig ist, dass beim Scheingeschäft die Parteien, sowohl beim fiktiven (zum Schein), als auch beim verdeckten (tatsächlich gewollten) Rechtsgeschäft identisch sind, was in der vorliegenden Sache, unter Berücksichtigung der Menge und des Verlaufs der Geschäfte nicht stattfand (es gab insgesamt 3 Rechtssubjekte als Parteien). Das Hauptverwaltungsgericht erinnerte auch daran, dass die Klausel zur Umgehung der Besteuerung enthalten in 24b § 1 AO rechtsunwirksam ist. Die Steuerbehörden haben also keine Rechtsgrundlage, wenn das Rechtsgeschäft gültig ist, die Rechtsfolgen zu bestreiten, die das Steuerrecht für solches Rechtsgeschäft vorsieht.

Mit dem im vorliegenden Rechtsstreit gefälltem Urteil wird bestätigt, dass die geltende Rechtslage keine Regulierungen vorsieht, auf deren Grundlage der Fiskus den Rechtsgeschäften zu Steueroptimierung andere steuerliche Auswirkungen zuschreiben darf, als die, die sich aus dem Steuerrecht ergeben, wenn diese Rechtsgeschäfte keinen Scheincharakter haben. Nur dann, wenn sie einen Scheincharakter haben, findet der Art. 199a § 2 AO Anwendung.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.